Исторические происшествия в Москве 1812 года во время присутствия в сем городе неприятеля - Иоганн-Амвросий Розенштраух Страница 49
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Der Feldmarechal Kutusow, soll – nach dem Berichte meiner Referenten – Thränen der tiefsten Rührung über diese gelinden, und großmüthigen Friedensbedingungen geweinet, da, Napoleon der Sieger, mehr, ja alles hätte fodern können, und gesagt haben: „Ich hielt bis hieher den Kaiser Napoleon für den größten Feldherrn, nun aber, verehre, und bewundere in ihm den großmüthigsten, und edelesten Menschen.[“] Darum zweifle er auch keinen Augenblick, daß der Kaiser Alexander gewiß mit der größten Bereitwilligkeit zu einem Frieden, unter solchen gelinden Bedingungen geneigt seyn werde, sobald er nur Kunde von Napoleons Großmuth erhalten werde. Von französischer Seite zweifelte niemand, daß dem wirklich so sey, nach dem Sprüchworte: Was man wünschet, glaubet man leicht; und daher entstand die allgemeine Freude, als wäre der Friede würklich bereits geschlossen. Was der Kaiser Alexander und der Feldmarechall Kutusow, über den Frieden überhaupt dachten, bewies kurz darauf die Schlacht, in welcher Murat, (der König von Neapel) total geschlagen ward. Soviel kann ich mit Wahrheit behaupten, daß ich Murats Verlust drey Tage früher, als Napoleon erfuhr. Niemand wagte, ihm diese Hiobspost beyzubringen, da er von Stunde zu Stunde der Antwort über die Einwilligung des Kaisers Alexander auf seine Vorschläge entgegen sah. Da aber die gewünschte Antwort ausblieb, u. Napoleon endlich doch die Niederlage Murats erfuhr, dachte er auf seinen Abzug aus Moskau, und täglich marschirten Truppen aus. Napoleon aber blieb noch, und ließ sich jeden Abend von Stümpern durch Comödien amüsiren. Endlich traf die Reihe des Abmarsches auch die junge Garde, von welcher auf der Mäßnitzkoi im Hause der Fürstin Galizin ein Bataillon stand. Bey dessen Abzug stand der Marechall Neu mit seinem Staabe, an einer kleinen Pforte, durch welche die Soldaten einzeln hinausgehen mußten, und nicht mehr mitnehmen durften, als jeder in seinem Tornister hatte, denn sie waren alle bis hoch an den Kopf mit geraubten Sachen bepackt, die sie aber auf den Hof hinwerfen mußten, weil sie vermuthlich einen Eilmarsch zu machen beordert waren. Kaum waren die Soldaten abgezogen, so drang das zahlreich vor dem Hause versammelte Volk, meist Bauern, in den Hof, und eignete sich die da liegende Sachen, und alles was sie im Hause fanden zum Eigenthum zu, welches sie theils auf ihre Telegen, theils auf den Rücken fortbrachten. So erging es nach dem Abzuge der Franzosen den meisten Häusern, die nicht verbrannt, und von französischen Offizieren bewohnt waren; wobey es nicht ohne Blutvergießen zuging, da die Bauern ihre Tapore – Handbeile – im Gürtel trugen, und theils unter sich selbst uneinig waren, theils denen übel lohneten, die ihnen Einhalt thun wollten.
Im Kreml ward die letzte Zeit niemand ohne Karte eingelassen. Die Schildwachen umherstanden mit geladenem Gewehre, und wer ihren Zuruf in französischer Sprache nicht verstand, ward sogleich niedergeschossen, wobey viele Bauern ihr Leben verlohren, die wie früher in den Kreml gehen, oder fahren wollten, um Kupfergeld zu kaufen. Endlich merkten die Bauern dennoch, daß sie nicht in den Kreml hinein durften; aber sie fanden durch die äußere Mauer, den Eingang zu dem Orte wo das Kupfergeld lag. Diese brachen sie durch, ohne von den Franzosen daran gehindert zu werden. Nun vermogte jeder zu nehmen, so viel er wollte, oder besser gesagt so viel er konnte, weil sie sich untereinander wie die Fliegen todt schlugen; denn wenn einer durch das Loch in der Mauer heraus kam, wollten ihm andre seine Beute entreißen, welches oft einen Kampf bis aufs Blut gab, und nur der Ueberlebende behielt das Geld. Im Demidowschen Hinterhofe, lagen die Kupfersäcke und Salzkuhle hoch aufgestapelt.
Im Innern des Kremels ward die Explosion vorbereitet. Man hörte weithin das Schallen der Aexte, die das Holz zerhieben, um die Keller mit Brennstoff anzufüllen; obgleich damals niemand den eigentlichen Grund wußte, warum so viele Zimmerleute im Kreml beschäftigt waren.
Die Kosaken kamen öfter, und imer in größerer Anzahl nach der Stadt, und kein Tag verging, ohne mehrere Scharmützel in den Straßen, welches gleichfalls Napoleon verschwiegen wurde, bis am 13ten Oktober, während N zu Tische saß, ein solches Gefecht auf der Twerskoy vorfiel, in welchem die Kosaken, bis zum Hause des Generalgouverneurs vordrangen, nahe wo die große Hauptwache stand. Auf Ns befragen: Was das Schießen bedeute? antwortete einer seiner Adjutanten: Es sind Kosaken, die sich mit unsern Chasseurs auf der Twerskoy herum schießen: In der ersten Aufwallung sagte N: „Sie sind betrunken; die Kosaken spuken in Ihrem Kopfe. Wo sollen hier in Moskau Kosaken herkommen?[“] Man sieht daraus, wie übel er berichtet war. Der Adjutant sagte: Ueberzeugen Sie sich selbst. Das will ich, antwortete N. Befahl seinen Schimmel vorzuführen, ritt nach der Twerskoy und als er schon aus der Ferne sah, daß dem so sey, eilte er zurück nach dem Kreml, und in weniger als einer Stunde hatte er Moskau verlassen. Ich erfuhr dieses durch die Obristen (welche täglich an seiner Tafel speiseten) gleich nach ihrer Zuhausekunft, wo sie gleichfalls Befehl zum Einpacken gaben. Am andern Morgen zogen auch sie ab, waren jedoch der Meynung, bald wieder zu kommen; und falls dieses nicht geschehen sollte, schenkten sie mir – wie ich oben berichtet habe – alles was sie zurückließen; ich aber treulich der Polizey-Behörde nachher überlieferte. Es lag auch warlich kein Segen auf dem geraubten Guthe. Ich kannte mehrere Personen, die theils selbst mit den Soldaten plündern gingen, theils geplünderte Sachen kauften, und sich dadurch ein bedeutendes Vermögen zusammen geraffet hatten; es ist aber keinem gediehen, der Fluch lag darauf, und in wenigen Jahren, hatten sie noch weniger, als sie vor der Ankunft der Feinde im Vermögen besaßen.
Von der bevorstehenden Explosion des Kremls, sagten unsre Einwohner kein Wort, so offenherzig sie sonst in vielen andern Dingen gegen uns waren, nehmlich gegen Hr Czermack und mich. Sie erzählten gewöhnlich, nach ihrer Nachhausekunft von der Tafel, alles was bey Tische gesprochen ward, und da sie viel Besuch von den vornehmsten Generälen bekamen, sprachen sie, auch wenn einer von uns gegenwärtig war, so unbefangen, als ob sie für uns keine Geheimnisse hätten. Besonders war es aber der Kammerdiener des Obristen Flahau, ein alter Holländer, der mir alles mittheilete was er erfuhr. Er hassete Napoleon grimmig, und konnte seiner ohne Flüche nicht gedenken; worüber er von seinem Herrn viel Verweise erhielt, ohne sich irre machen zu lassen; da er den Obristen und seine Mutter zur Zeit der Schreckensregierung in Frankreich verborgen, und ernähret hatte, nachdem der Vater – welcher damals holländischer Gesandter in Paris war – guilotiniret worden. Er liebte den Obristen mehr als einen Sohn, und betrug sich wie ein alter Freund, als wie ein Diener. Der alte Mann besaß auch so viel Klugheit, seiner Zunge nur in Gegenwart seines Herrn freyen Lauf zu lassen; und als ich ihm einst sagte, daß ich in Holland gewesen war, diese Nation sehr achte, und viele edle Wohlthäter dort gefunden hatte, sah er mich für einen lieben Landsmann an, und wie alte Leute gewöhnlich thun, plauderte er gern mit mir, theilte mir alles Gehörte mit, und ließ seine Galle über Napoleon in meiner Gegenwart freyen Lauf. Als er Murats Niederlage erfuhr, kam er mit freudefunkelnden Augen zu mir, und sagte: Kommen Sie geschwind auf mein Zimmer, wir wollen eine Flasche guten alten Rheinwein leeren – an welchen es seinen Herrn nicht fehlte, den er aber nicht gern trank. – Als ich nun kam, stieß er mit mir an, und sprach: Auf den Untergang Napoleons! Ich erschrak, denn in solchen Zeiten haben – nach dem Sprüchworte – auch die Wände Ohren. Er fuhr aber fort: Wir sind ganz sicher. Nun erzählte er mir Murats Niederlage, und sagte: Dies ist nur der Anfang, es wird schon noch ärger kommen. Auch mich verführte meine Unbesonnenheit einst zu einer Aeusserung, die mir bey andern Zuhörern theuer zu stehen kommen konnte; ich ward aber vom Obrist Flahau freundschaftlich gewarnt, solcher Bemerkungen mich in Zukunft zu enthalten. Ich sagte nehmlich in Gesellschaft unserer Einwohner einmal im Laufe eines allgemeinen Gesprächs. „Ich habe die französische Armee in Holland unter Dumorieux als Kinder gesehen – wie sie damals nur aus abgelebte Greise, vielen frechen Weibern, die in Reihe und Glied fochten, und unbärtigen Jungens gesehen, die kaum die Kinderschuh ausgezogen hatten, eigentlich barfuß, und ohne ganze Hosen gingen. – Am Rheine 1795 als Jünglinge. In Moskau als Männer – denn man konnte keine schönere Armee sehen, wie die 80000 Mann Garden, die in Moskau einzogen, von denen jeder alte Gardist ein Model zu einem Jupiter, oder Hercules, und jeder junge Gardist, zu einem Ganymed abgeben konnte. Nun habe ich nur noch zu erwarten, diese Männer, auch noch als Greise zu sehen[“]; wie ich sie denn in denen zurückgebrachten Gefangenen wirklich später gesehen habe, und viele Andre haben sie als sterbende Greise am Niemen erblicket. Napoleon würde mir diese Prophezeiung gewiß nicht verziehen haben, wenn sie ihm zu Ohren gekommen wäre. Unsere Obristen lachten, und machten einen Scherz daraus; nur Flahau warnte mich freundlich, mich solcher Bemerkungen zu enthalten.
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